Das Therapeutenpaar

Je jünger ein Kind ist, desto eher wird es sein Innenleben im Spiel, im Handeln und Dramatisieren darstellen. Je älter ein Kind ist, desto grösser werden die verbalen Beiträge. Daher müssen die Therapeuten/innen ihr Augenmerk auf nichtsprachliche Prozesse richten, d.h. die Spielhandlung analog, in ihrem Bedeutungsgehalt, verstehen lernen und ebenso analog darauf antworten.

Das Therapeutenpaar im „Kinderpsychodrama“ tut dies, indem es anders als im Erwachsenenpsychodrama und in den meisten Kindertherapien am dramatischen Spiel teilnimmt, zu Mitspielern der Szenen der Kinder wird und ihre Rollen auf der Symbolebene so anlegen, dass sie bei den Kindern therapeutische und/oder pädagogische Bewältigungsprozesse anregen und unterstützen.

Durch das Mitspielen löst das Leiterpaar intensive Übertragungsbeziehungen zwischen den Kindern und ihnen aus. Dies ist ein wichtiges Element in der Behandlung. Die Kinder übertragen ihre Wünsche, Ängste und Konflikte, die sie mit lebensbedeutsamen Personen oder Ereignissen haben, auf die Leiter/innen. Sie tun dies:

  1. durch ihren individuellen und gemeinsam geäusserten Spielwunsch und ihre Spielbeschreibung (Spielgeschichte),
  2. in ihrer eigene Rollenwahl, wer oder was sie im Spiel sein wollen, und die Rollenbeschreibung, die sie auf Nachfragen den Leitern mitteilen,
  3. in der Rollenwahl für die Leiter/innen und der Rollenbeschreibung durch die Kinder auf genaue und altersgerechte Nachfrage der Leiter.

So konstellieren sich die Übertragungsbeziehungen in der Initialphase der Spielfindung, der Rollenwahl und im Szenenaufbau in konzentrierter Weise und während der Spielphase im Mitspielen des Leiterpaars nach den Anweisungen und Wünschen der Kinder, die sie im Mitspiel sowohl analog erfassen oder auch verbal erfragen.

Die Konstellation Leiterpaar und mehrere Kinder in der Psychodramagruppe stellt eine familienähnliche Situation dar, die das Auftauchen und Ausspielen entsprechender Szenen begünstigt. Die Geschehnisse der Kindheit können sich so in Szene setzen und dramatisch ablaufen. In der Übertragungsbeziehung der Kindergruppe können daher spezifische Phasen in der Entwicklung der Kinder im sozialen Kontext wieder inszeniert werden. Damit ist die psychodramatische Gruppenarbeit in ein entwicklungstheoretisches Modell gestellt. In einem Prozess der Entwicklung und Neusozialisierung, die das einzelne Kind und die Gesamtgruppe gemeinsam vollziehen, geschieht Lebensbewältigung und Heilung. Da das Leiterpaar im Kinderpsychodrama die Gruppe als Ganzes, d.h. die Beziehungen zwischen den Kindern, in den Mittelpunkt stellen, sind sie nicht nur bedacht auf die Entwicklung des einzelnen Kindes in der Gruppe, wo Szenen der Familie und ihres Umfeldes reproduziert werden, sondern soziodynamisch auch als soziale Realität, in der sich soziale Kompetenz und Performanz entwickeln lässt. Im Rollen-Symbol-Spiel übernehmen daher die Gruppe und das Leiterpaar auch Entwicklungsfördernde und sozialisierende Funktionen.

Struktur einer Psychodramasitzung
a. Initialphase

  • Einleitung der Gruppensitzung und Themenfindung
  • Rollenwahl
  • Einrichten der Szenerie (Kulisse, Verkleidung, Requisiten)

b. Spielphase

  • Einstimmung
  • Anstiftung
  • Strukturierung und Interventionen

c. Abschlussphase

  • Intensives Entrollen
  • Kurzes Sharing (Was hat Euch gefallen oder nicht gefallen?)
  • Rollenfeedback des Leiterpaars