Psychodrama-Einzeltherapie mit Kindern
(A.Aichinger. W.Holl. Kinder-Pychodrama in der Familien- und Einzeltherapie, im Kindergarten und in der Schule. 2002 Matthias-Grünewald-Verlag. Mainz)
Belastende Erlebnisse und negativ bewertete Persönlichkeitsanteile werden von Kindern in der Regel abgespalten, geleugnet oder projiziert, während sie sich selbst, um die Abwehr des Verdrängten aufrecht halten zu können, mit ihren Grössenphantasien identifizieren. Kinder lehnen daher ein bewusstes Erinnern und Durcharbeiten meistens ab und reagieren mit Widerstand.
Es ist damit auch in der Einzeltherapie sinnvoll, den unbewussten Rollentausch der Kinder ebenso wie in der Gruppentherapie anzunehmen und sich auf dem Wege der Übertragung Rollen zuweisen zu lassen, die die Kinder für die Inszenierung ihrer inter- und intrapsychischen Problematik benötigen. In den übertragenen Rollen kann der/die Therapeut/in in der Gegenübertragung erleben und verstehen, was in ihnen vorgeht.
Da die Abwehrsysteme der Kinder noch nicht so rigide sind wie bei Erwachsenen, kann das Verdrängte leichter in symbolischer Form in die Gestaltung des kindlichen Spieles einfliessen. Aufgabe des/der Therapeuten/in ist es daher, das symbolische Geschehen zu erschliessen und sich selbst und andere Figuren und Materialien als Antagonisten zur projektiven Besetzung anzubieten. Ziel der Inszenierung ist es, über die „Objektivierung“ der abgewehrten Erlebnisse und Persönlichkeitsaspekte deren Differenzierung und Ich-Integration zu erreichen. Dieser Prozess kann ebenso wie in der Gruppentherapie durch verbale oder agierte Interventionen und Deutungen (s.o. Therapietechniken und Interventionen) intensiviert werden.
Es sind alle Formen und Materialien des kindlichen Spieles und Betätigens, aus denen sich ein symbolisches Spiel entwickeln lässt, für ein Psychodrama in der Einzeltherapie möglich. Dabei sind alle Figuren ob aus dem Puppentheater, dem Legoland, dem Bauernhof, dem Kuscheltiersortiment oder dem Phantasieland, aber auch von Brettspielen denkbar. Günstig ist es, für die Figuren eine Bühne / Spielfeld herzustellen, die ähnlich dem „Einrichten der Szene“ in der Gruppentherapie zur Entstehung einer Spiellandschaft und Geschichte einlädt. Dies kann im Sandkasten im Freien oder im Sandkasten (nach Kalff) sein. Es kann auf dem Tisch, dem Boden, auf Polstern sein, die wir mit Steinen, Bauklötzen, Tüchern, Kissen und anderen Materialien zur Spiellandschaft ausstatten. Es empfiehlt sich, eine klare Begrenzung der Spiellandschaft festzulegen und die Spielrealität, die diese Landschaft entwickelt, zu beschreiben und im Spiel anzumahnen.
Jede Figur und jedes Material gestaltet aus ihrer Eigenart das Spiel des Kindes mit und schafft unterschiedliche Aktivitätsniveaus und Anforderungen an Kind und Therapeutin. Welches Material für ein Kind möglich und richtig ist, hängt von seinem Entwicklungsstand und der Psychodynamik ab.
Neben dem Figurenspiel ist das Rollenspiel in der Einzeltherapie die intensivste Methode, da es Körper, Gefühle und Gedanken gesamthaft anspricht. Hier brauchen wir jedoch ähnlich dem Gruppenspiel einen grossen Raum, in dem viele Schauplätze entstehen und eingerichtet werden können. Die Materialien sind dabei die Gleichen wie in der Gruppentherapie, Polster, Tücher, Hüte, Seile und evtl. Baufixteile. Die körperliche Aktivität ist im Rollenspiel um ein vielfaches grösser, da wir mit Leib und Seele die Rollen übernehmen und inszenieren. Ebenso aktiviert das Rollenspiel die Grobmotorik des Kindes und intensiviert die Wechselwirkung zwischen Verhalten und Gefühlen. Im Rollenspiel sind zudem viel häufigere Rollenwechsel der/des Therapeutin/en notwendig. Dies stellt jedoch einen hohen Anspruch von Rollenflexibilität an die Therapeuten.